Johanes Zechner

Fragen an die Malerei

Zwei Zyklen sind es, die Johanes Zechner seit 2017 beschäftigt haben. Sie sind Gegenstand dieser Ausstellung.

Dadurch, dass der eine die direkte Konsequenz des anderen ist, verlaufen ihre Grenzlinien sehr ungenau – man könnte beide zusammen auch als einen längeren Entwicklungsprozess begreifen. „Emblems of the Bible“, ab 2017, und „Questland“ ab 2020, unterscheiden sich äußerlich dadurch, dass Zechner im einen Fall Schrift in Form von Textzitaten einsetzt, während er diese in der zweiten Phase nahezu weglässt. Beide Zyklen verbindet miteinander, dass sie sich mit der abstrakten gestischen Malerei beschäftigen und deren Aussagekraft kritisch hinterfragen. Dabei soll nicht bewiesen werden, dass die gestische Malerei noch Aktualität besitzt. Vielmehr geht der Künstler davon aus, dass sich die informelle Ausdrucksweise im Laufe der Jahre zu einem universellen, stereotypisierten Formenkanon entwickelt hat – gleichsam eine Art Schrift geworden ist.

Johanes Zechners früheste Ambitionen gehörten der Literatur, dort wollte er eigentlich reüssieren. Das visuelle Gestalten (Zeichnen, Malen) war ihm damals schon vertraut und selbstverständlich. Erst die Erkenntnis als Literat bald an seine Grenzen gestoßen zu sein, öffnete endgültig den Weg zur bildenden Kunst. Er sah aber weiterhin im Poeten gleichsam ein Pendant zum Maler.

Malerei und Literatur werden hier als zwei Systeme begriffen, die miteinander interagieren, in denen aber auch jeweils eigene Kräfte der Selbsterschaffung und Selbsterhaltung existieren. Durch „Autopoiesis“ (Prozess der Selbsterschaffung und Selbsterhaltung eines Systems), die zugleich Grundvoraussetzung eines Systems ist, operieren die Systeme selbsttätig. Der Begriff „Autopoiesis“ wurde von den chilenischen Biologen Francisco J. Varela und Humberto Maturana eingeführt und stellt in der Biologie einen Versuch dar, das charakteristische Organisationsmerkmal von Lebewesen mit Mitteln der Systemtheorie zu erfassen. Der Begriff wurde in der Folge für verschiedene andere Gebiete der Wissenschaft abgewandelt.

Wenn man sich Malerei und Literatur jeweils als System vorstellt, werden ihre grundsätzlichen Unterschiede offenkundig. Ihre Differenz ist jedoch, wie man am Beispiel Zechners sieht nicht immer maximal. Das eine System ist hier zweifellos „Umwelt“ des andern Systems. In Zechners Fall findet die Interaktion bzw. die Überlagerung der beiden Systeme auf der Basis des Ausmaßes der Differenz statt.

Johanes Zechner ist sich dieser Dynamiken oder Prozesse bewusst. Seine Malerei ist somit deutlich metasprachlich. Die beiden aktuellen Zyklen „Emblems of the Bible“ und „Questland“ sind Zeugnisse dieses künstlerischen Bewusstseins.

Literatur, die Bibel hier im Speziellen, sind für Zechner grundsätzlich Elemente zur Aktivierung des Malereibewusstseins. Sie erfüllen gleichsam den Zweck des Vorwandes zu malen. Der ständige Charakter des Wechsels erhöht für den Künstler aber auch den Grad an Experimentierfreudigkeit. Es scheint ein ständiges Abwägen zu sein, auf welches System man sich als Künstler einlässt. Grundsätzlich passiert derlei selbstverständlich und oft auch unbewusst. Doppelbegabungen unterschiedlichster Art geben dafür jede Menge Beweise. Diese Prozesse bewusst zu machen, sie zur Basis künstlerischer Auseinandersetzung zu machen, ist Teil des eigenständigen künstlerischen Weges von Johanes Zechner. (Günther Holler-Schuster)

Johanes Zechner, geboren in Klagenfurt, Studium an der Akademie der Bildenden Künste, Wien, 1973 Preis der INTART 6 Mestna Galerija, Ljubljana, 1974 Leopold-Goess-Förderungspreis, Klagenfurt, 1978 Diplom für Malerei, Arbeitsstipendium der Kärntner Landesregierung, 1982–1986 Lehrauftrag an der Universität für Angewandte Kunst, Wien, 1987 Anton-Faistauer-Preis für Malerei des Landes Salzburg, 1987–1988 British Council Scholarship am Royal College of Art, London, 1988-1993 Aufenthalte in London, 1990 Preis beim Österreichischen Graphikwettbewerb, Innsbruck, 1994 Arbeitsaufenthalt in Israel, 1998 Arbeitsaufenthalt in Texas, 2002 Arbeitsstipendium des BKA-Kunst, lebt und arbeitet in Graz und in Mieger/Medgorje, Johanes Zechner ist Mitglied der Wiener Sezession und korrespondierendes Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste in Dresden;

Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag: 10 – 18 Uhr, Sonntag: 10 – 16 Uhr
Dauer der Ausstellung: 01.12.2024 –  02.02.2025 

Am 26. Dezember bleibt die Ausstellung geschlossen.

Bild: Johanes Zechner, 2022-29, 120 x 150 cm, Öl auf Leinwand

Infos & Tickets

Sa / 30.11.2024
17.00 Uhr
kunsthaus muerz