Große Kammermusik

[b]brücken-ensemble[/b] Ernst Kovacic, Violine Jenny Lippl, Violine Michel Camille, Violine Franz Ortner, Violoncello Michael Seifried, Kontrabass Andreas Schablas, Klarinette Wolfgang Tomböck, Horn Richard Galler, Fagott [b]Ensemble Kindberg[/b] Fritz Kircher, Violine Gerswind Olthoff, Viola Klaus Steinberger, Violoncello René Koban, Kontrabass Hans Pichler, Flöte Barbara Gatschelhofer, Oboe Gerhard Grassmugg, Klarinette Maria Gstättner, Fagott Tim Purcell, Horn Iannis Xenakis (1922-2001) Anaktoria (1969) Bohuslav Martinu (1890-1959) Nonett 1959 I Poco allegro II Andante III Allegretto Jörg Widmann (1973) Oktett (2004) I Intrada II Menuetto III Lied ohne Worte IV Intermezzo V Finale [b]€19,- / € 9,-[/b] [b]Zu den Komponisten und Ihren Werken[/b] Iannis Xenakis, 1921 in Rumänien geboren, war ein Komponist und Architekt griechischer Herkunft, der größtenteils in Frankreich gelebt hat. Er gehört zu den wichtigsten Avantgarde-Komponisten der Nachkriegszeit. 1932 wanderten seine Eltern mit ihm nach Griechenland aus. Als Student in Athen engagierte er sich im Widerstandskampf gegen die Nazi-Besatzung und im anschließenden Bürgerkrieg, erlitt eine schwere Gesichtsverwundung und geriet in Gefangenschaft, wurde zum Tode verurteilt, flüchtete und ging 1947 als politischer Flüchtling nach Paris. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er sich der Musik nur auf autodidaktischem Weg genähert. In den 50er Jahren nahm er dann musikalischen und kompositorischen Unterricht bei Arthur Honegger, Darius Milhaud und Olivier Messiaen, und arbeitete gleichzeitig zusammen mit Le Corbusier an architektonischen Projekten. Seine Musik ist stark von seinem Interesse an mathematischen und akustischen Gesetzmäßigkeiten geprägt. Aus zufälligen, stochastischen Phänomenen wie Regen, einer Menschenmasse oder einem Bienenschwarm, entwickelte er ab 1954 einen eigenen Musikstil: die Stochastische Musik. Darüber hinaus versuchte Xenakis, Verfahren und Erkenntnisse der Spieltheorie, Mengenlehre und der Zahlentheorie in seinen Kompositionen umzusetzen. Es entstand daraus eine überaus originelle Musik. Charakteristisch für seine Musik sind Virtuosität, mikrotonale Verschiebungen, eine urtümliche Energie und rituelle Kraft. Ohne dass die Kenntnis des jeweiligen Formalisierungsaspekts für den Hörer und das Hören seiner Musik eine Voraussetzung ist, sagt die Reihe der benutzten naturwissenschaftlichen Gesetze und Theoreme doch etwas über den Horizont dieses kompositorisch innovativen Avantgardisten aus. 1977 erhielt Xenakis den \"Beethoven Preis\" der Stadt Bonn, 1997 den \"Kyoto-Preis\" (eine der höchsten Auszeichnungen für Verdienste um Wissenschaft und Kultur), 1999 den \"Polar Music Preis\", der als inoffizieller \"Nobelpreis für Musik\" angesehen wird. Iannis Xenakis starb im Februar 2001 in Paris. \"Anaktoria ist eine Musik der Liebeszustände, der Liebe in allen ihren Formen: der körperlichen spirituellen, logischen usw. \"Ana\" bedeutet hoch, \"ktor\" eine Konstruktion. Anaktor ist ein Palast. Anaktoria, wörtlich: ›schön wie ein Palast‹, hieß die Frau eines Würdenträgers von Lesbos, in die sich Sappho verliebte – der archaisch klingende Name einer fernen Schönen\". \"Es ist von Vorteil, den Zufall als ein ästhetisches Gesetz, als eine regelrechte Philosophie zu definieren. Der Zufall ist der Grenzbegriff der sich entwickelnden Symmetrie. Die Symmetrie strebt zu Asymmetrie mit welcher in diesem Sinne die Negierung der durch die Tradition geerbten festen Rahmen gemeint ist. Dieser Zufall lässt sich nicht schaffen, ohne seinen eigenen Gesetzen unterworfen zu sein. Es geht um einen philosophischen und ästhetischen Begriff, der durch die Gesetze der Wahrscheinlichkeitstheorie und die sie ausdrückenden mathematischen Funktionen bestimmt ist, um einen zusammenhängenden Begriff eines neuen Bereiches des Zusammenhanges.\" (zwei Zitate von Iannis Xenakis) Bohuslav Martinu (1890-1959), den produktivsten tschechischen Komponisten des 20. Jahrhunderts, darf man ganz generell als Vollender der Traditionslinie Smetana-Dvorak- Janacek ansehen, die er im Sinne eines volksnahen Klassizismus aufgriff und mit Tendenzen der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts anreicherte. Im Einzelnen ist sein Schaffen jedoch stilistisch breit gefächert, wobei die Kammermusik mit 91 Werken einen prominenten Platz einnimmt. In ihr spiegeln sich die unterschiedlichen Entwicklungsphasen wider, die Martinu vom frühen Experimentieren mit Jazz-Elementen über den französischen Neoklassizismus bis hin zu seinem nostalgischen Spätstil durchlief. Martinus Entwicklung wird nur vor dem Hintergrund seiner Biographie verständlich, in die die Zeitläufte auf dramatische Weise eingriffen. 1923 nach Paris übersiedelt, wo er nach eigenem Bekenntnis \"weder Debussy noch Impressionismus noch musikalischen Ausdruck, sondern die wahren Grundlagen der westlichen Kultur” suchte, floh er 1940 vor den Nazis und kam schliesslich 1941 endlich in New York an. Martinus Leben in den USA blieb trotz einigen Erfolgen von ständiger Sehnsucht nach der Heimat begleitet. Auf die Kriegsjahre folgte eine Zeit tiefer Depression, denn das Kommunistische Regime vereitelte seine schon geplante Rückkehr nach Prag. Außerdem beeinträchtigte ein Unfall sein Nervensystem und Gehör. Unruhige Wanderjahre führten ihn in verschiedene Länder Europas, zuletzt in die Schweiz, wo er im August 1959 starb. Das \"Nonett\" (1959), von dem bereits krebskranken Komponisten kurz vor seinem Tod vollendet, und anlässlich des 35-jährigen Bestehens des berühmten \"Tschechischen Oktetts\" geschrieben, gilt als \"Martinus kammermusikalisches Vermächtnis”. \"Es ist das ‘tschechischste’ Werk eines Komponisten, nicht nur wegen seiner Bestimmung für tschechische Musiker, sondern auch, weil es in seiner tiefen Nostalgie, die unerfüllte Sehnsucht des todkranken Exilmusikers nach seiner Heimat widerspiegelt.\" (Harry Halbreich). Das einleitende \"Poco Allegro\" entwirft fast mit der Direktheit eines Smetana das Bild einer fröhlichen Dorfkapelle, die einen kraftvollen Marsch zum Besten gibt. Das \"Andante\" ist erschütternd in des Wortes eigentlicher Bedeutung: auf den schönen Traum folgt die harte Realität. An seinem Lebensabend versucht der erschöpfte und kranke Musiker, einem quälenden Leiden ausgeliefert, die Heimat seiner Kindheit wiederzufinden. Doch sogar hier vermeidet Martinu alles Pathos, und das Stück erstirbt in der friedlichen Betrachtung der ewigen Schönheit. Mit kleinen Schritten, fast zögernd, schließt sich das Tanzfinale (Allegretto) an, das von einem Violinsolo eröffnet wird. Das ist ein Dorfspielmann, der seine Landsleute mit einem lebhaften Tanz in Rondoform unterhält. Das rhythmisch betonte Stück schließt mit einer Hymne auf die \"Fluren und Haine von Policka”, dem Heimatdorf Martinus. Welche Poesie in dem zarten Pianissimo des letzten Taktes, als ob das schöne, ideale Bild auf sanfte Weise entschwinden würde.” (frei nach dem kammermusikfuehrer.de) Der gebürtige Münchner Jörg Widmann (Jahrgang 1973) studierte Klarinette an der Musikhochschule seiner Heimatstadt und später an der New Yorker Juilliard School. Im Alter von elf Jahren begann er Kompositionsunterricht zu nehmen u.a. bei Wilfried Hiller, Hans Werner Henze, Heiner Goebbels und Wolfgang Rihm. Als Klarinettist gilt Widmanns Passion vor allem der Kammermusik. Auch als Solist in Orchesterkonzerten feiert er im In- und Ausland grosse Erfolge. Mehrere neue Klarinettenkonzerte sind ihm gewidmet worden, darunter Werke von Wolfgang Rihm, Aribert Reimann und Heinz Holliger. Jörg Widmann war composer- und artist in residence bei verschiedenen Festivals und Institutionen wie den \"Salzburger Festspielen\", dem \"Lucerne Festival\", der \"Kölner Philharmonie\", dem \"Wiener Konzerthaus\" und 2010/11 beim \"Cleveland Orchestra\". Seit 2001 ist Jörg Widmann Professor für Klarinette an der Freiburger Hochschule für Musik, 2009 erhielt er dort eine zusätzliche Professur für Komposition. Für sein Schaffen wurden ihm zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen und Preise verliehen. Jörg Widmann hat sich in seinem recht umfangreichen kammermusikalischen Schaffen immer wieder unmittelbar auf der musikalischen Welt Franz Schuberts bezogen und orientiert. Es fällt beim \"Oktett\" (2004) sofort besonders stark auf, gleichzeitig lassen aber in den ersten Takten bestimmte Harmonien erkennen, dass hier ein zeitgenössischer Komponist am Werk war, der diese wenigen Harmonien in ein Klangbild mit Reminiszenzen sowohl an Schubert als auch an nachromantische Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts einflicht. Was beim ersten Hinhören noch verwundert, entfaltet sich im Verlauf immer mehr zu einem Eindruck gekonnter und klug kalkulierter Referenz. Nicht um bloßes Nachempfinden geht es hier. Im Lauf des Stücks bewegt sich Widmann vielmehr immer weiter von Schubert weg, ein Ausgangspunkt zu Beginn stößt gleichsam eine Entwicklung an, das kompositorische Vorbild immer freier zu behandeln. [b]Zu den Ausführenden [/b]Für das \"brücken ensemble\", das beim heutigen Konzert, dem Akkordeonprogramm am 20. und dem Tanzkonzert am 22.6. im Rahmen des \"brücken festivals\" zu hören sein wird, laden Ernst Kovacic und Andreas Schablas hervorragende Solisten und Musiker aus verschiedenen Orchestern (Wiener Philharmoniker, Wiener Symphoniker, Niederösterreichische Tonkünstler) und Ensembles (Esbjerg Ensemble Dänemark, Klangforum Wien, phace u.a.) sowie ausgezeichnete Nachwuchsmusiker ein. Das \"Ensemble Kindberg\" besteht aus Lehrkräften der Musikschule Kindberg und befreundeten Musikern, die für die jeweilige Besetzung hinzugezogen werden. Es nimmt vorwiegend Aufgaben im Bereich der Neuen Musik wahr. Mathilde Hoursiangou

Infos & Tickets

So / 16.06.2013
11.00 Uhr
kindberg / barockschloß

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