Zu den neuen Bildern von Felix Malnig
Felix Malnig ist ein Chronist der Einsamkeit. Selbst wenn auf seinen Gemälden Menschen zu sehen sind, was selten der Fall ist, vermitteln sie ein Gefühl der Verlorenheit und Leere. Es sind Bilder – meist (Stadt-)Landschaften, bisweilen auch Interieurs –, in denen die Zeit angehalten, die Temperatur abgesenkt und fast alles Leben entschwunden zu sein scheint.
Das liegt zunächst an Malnigs Farbwahl. Ein helles Blau, ein gebrochenes Grün, immer wieder Weiß sowie changierende Grautöne erzeugen eine kühle Unbehaustheit, eine beängstigende Stille, die bisweilen an neusachliche Bildschöpfungen gemahnt. Aber die „Kältetendenz“ (Ossip Mandelstam) in Malnigs Werk entsteht auch durch die Motivwahl. Denn die Landschaften, die zu sehen sind, haben keinerlei idyllischen Charakter. Ihre vermeintlich bukolische Atmosphäre wurde zerstört durch massive bauliche Eingriffe, die wie Kontrapunkte zur gewachsenen Natur wirken und die der Künstler in kühnen Perspektiven provokant ins Bild setzt. So etwa die Autobahn-Brücke, die wie eine Schneise in die Landschaft geschlagen wurde und deren absurde Monumentalität Malnig noch verstärkt, indem er das Bauwerk in bedrohlicher Untersicht zeigt. Oder die Stützen von Schiliften, die nach Beendigung der Wintersaison das ganze Jahr hindurch die Wiesen und Hänge verunzieren: Mahnmale eines fragwürdig gewordenen Konzepts von Tourismus. Und schließlich die „Silos“, die sich über die Dächer der Dörfer erheben, stolz wie Geschlechtertürme, aber in Wahrheit gesichtslose „betonierte Kolosse“ (Wojciech Czaja), denen jede Kraft zur Identitätsstiftung fehlt.
Seit Jahren erstellt Malnig eine kritische Bestandsaufnahme der gebrochenen Versprechen der Moderne. Waren es in den Nullerjahren die verlassenen Häuser der „Ghost Towns“ in den Zentren der darniederliegenden US-amerikanischen Autoindustrie, so hat sich Malnig im vergangenen Jahrzehnt verstärkt mit globalen Migrationsströmen sowie mit den „Nicht-Orten“ (Marc Augé) der westlichen Konsumwelt beschäftigt. Nun also lädt er zur „Kleinen Landpartie“ und drängt die Betrachter, einen kritischen und oft schmerzhaften Blick auf das Verhältnis von Natur und Tourismus zu werfen.
Georg Vasold, 2020
Felix Malnig, Österreichischer Künstler, geb. 1967 in Nürnberg. Aufgewachsen in Kanada, Deutschland und Österreich. 1987-1992 Studium der Malerei in der Meisterklasse für Experimentelles Gestalten bei Maria Lassnig und Christian Ludwig Attersee, Hochschule für Angewandte Kunst, Wien. 1992 Diplom. 4 Semester Architektur, Technische Universität Wien.
Preise: Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich 1993, Erwin Ringel-Kunstpreis 1999, Arbeitsstipendium der Stadt Wien 1999, Förderungspreis der Stadt Wien 2000, Strabag Art Award, Anerkennungspreis 2008.
Stipendien: Venedig 1993, Budapest 2000, Cheng Du, China 2003, Chicago 2007, Paliano, Italien 2011, Förderatelier des Bundes, Wien 2006-2012.
Zahlreiche Ausstellungen im In- u. Ausland. Einzelausstellungen u.a. in Wien, Zürich und Chicago. Gruppen-Ausstellungen in Europa, USA, Israel, Marokko, China.