Das Wasser der Mürz schlängelt sich zwischen Steinen hindurch, umspült sie und offenbart ein Farbenspiel aus Grau, Grün, Ocker und Blau. Licht und Schatten tanzen auf der Wasseroberfläche, während die Strömung filigrane Muster zieht – eine Szene, die in ihrer zufälligen Erscheinung eine besondere Poesie aufweist.
Julian Palacz folgt dem Verlauf der Mürz, von einem persönlich bedeutsamen Punkt – dem Haus seiner Familie – bis zu ihren Quellen. Der Fluss wird zum Resonanzraum, in dem sich reale und imaginierte Erinnerungen verweben. Die Auseinandersetzung mit Spuren knüpft an frühere Arbeiten des Künstlers an – von der Untersuchung verborgener Transportwege in Handle With Care bis zur Analyse von Überwachungsstrukturen im öffentlichen Raum in seinen Surveillance Studies. Dabei steht stets das Sichtbarmachen verborgener Prozesse und ihre Wirkung auf unsere Wahrnehmung im Fokus.
Tonaufnahmen mit Unterwasser- und Umgebungsmikrofonen und Drohnenaufnahmen richten die Aufmerksamkeit auf die Bewegungen des Wassers, die Formen des Flussbetts und der Steine sowie die feinen Muster, die Algen und andere natürliche Elemente bilden. Durch die immer gleiche Kameraperspektive werden die unterschiedlichen Musterungen des Flusses vergleichbar und in ihrer Gesamtheit sichtbar gemacht. Bewegungsanalysen verbildlichen die Strömungslinien der Mürz und zeigen, wie das Wasser seine Umgebung formt. Die Betrachtenden sind aufgefordert, sich in den Aufnahmen zurechtzufinden und die verborgene Ordnung des Flusses zu entdecken.
Die Ausstellung lädt ein, sich dem Fluss mit erneuter Sensibilität als einem Ort, der von Wandel und Vielfalt geprägt ist, zu nähern. Sie eröffnet nicht nur Einblicke in die sichtbaren und unsichtbaren Kräfte, die den Fluss formen, sondern auch in die Art und Weise, wie wir selbst in Beziehung zur Natur und ihren Strukturen stehen und erkundet die Faszination mit dem Unbekannten im Vertrauten.
Julian Palacz, geboren 1983 in Leoben, lebt und arbeitet in Wien und Mürzzuschlag. In seiner Arbeit widmet er sich der Sichtbarmachung und poetischen Aufbereitung von Daten, die wir digital, wie physisch, hinterlassen und die von verschiedenen Akteuren automatisch gesammelt werden. Studium Digitale Kunst 2003-2010 an der Universität für angewandte Kunst Wien bei Tom Fürstner, Peter Weibel und Virgil Widrich.
Die Einzelausstellung Handle With Care im Forum Stadtpark (2021) und Les murs ont des oreilles bei Sotheby’s Wien (2019) markieren Zäsuren in seiner Arbeit. Seine Arbeiten wurden unter anderem im Casino Luxembourg, Museum für angewandte Kunst/Wien, Museum of Contemporary Art/Belgrad, im ZKM | Zentrum für Kunst und Medien/Karlsruhe, sowie im Palazzo Zenobio/Venedig gezeigt. Zusätzlich erhielt Julian Palacz das Wimmelforschungs-Stipendium bei Bosch Campus Renningen und Akademie Schloss Solitude, das österreichische Staatsstipendium für Video- und Medienkunst und die Swatch Art Peace Hotel Residency Shanghai.